Aussetzung der Vollziehung bei Festsetzung von Nachforderungszinsen nach §§ 233a, 238 AO – BMF – Schreiben vom 14.06.2018

BMF – Schreiben vom 14.06.2018  – Gz.: IV A 3 – S 0465/18/10005-01 Quelle: BMF – Meldung 14.06.2018

Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 25.04.2018 (Az.: IX B 21/18 vgl. unter Aktuelle News – Pressemitteilung v. 14.04.05.2018 https://www.konnegen-rechtsanwalt.de/?s=Nachzahlungszinsen ) gilt aufgrund des o. g. BMF-Schreibens folgendes:

Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015: Aussetzung der Vollziehung nur auf Antrag des Zinsschuldners, wenn gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung, mit Zins nach § 238 Abs. 1 S. 1 AO, Einspruch eingelegt  wurde. Steuerart und Besteuerungszeitraum sind dabei unerheblich.

Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2015: Aussetzung der Vollziehung nur bei Vorliegen einer unbilligen Härte für den Betroffenen, die nicht durch überwiegendes öffentliches Interesse geboten ist und ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragsteller an der AdV zu bejahen ist.

Zum BMF-Schreiben:

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/2018-06-14-Aussetzung-der-Vollziehung-Par-233a-AO-238-Abs-1-Satz-1-AO.htm

Hinweis: Steuerpflichtige sollten unter Hinweis auf den Beschluss des BFH unter Angabe des Aktenzeichens IX B 21/18 und unter Hinweis auf das vorgenannte BMF-Schreiben Einspruch gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung einlegen und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragen. Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2015 müssen die Voraussetzung für eine AdV erfüllt sein, damit ein solcher Antrag erfolgreich ist.

 

 

Nachzahlungszinsen §§ 233a, 238 Abgabenordnung – BFH zweifelt an Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen

BFH, Beschluss v. 25.04.2018 – Az.: IX B 21/18 – Quelle: BFH – Pressemitteilung Nr. 23/18  v. 14.05.2018

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nach einer summarischen Prüfung in einem Verfahren zu Nachzahlungszinsen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt, weil er schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes zumindest für Verzinsungszeiträume  ab dem Jahr 2015 hat. Die Entscheidung ist in einem Verfahren gegen die Festsetzung von Nachzahlungszinsen für die Jahre 2015, 2016 ergangen – diese betragen nach § 238 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung (AO) einhalb Prozent für jeden angefangenen Monat, jährlich damit 6 %. Der Bundesfinanzhof hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Höhe des Zinssatzes

  • gemessen an der wirtschaftlichen Realität realitätsfern bemessen sei (Verstoß gegen das Übermaßverbot (Rechtsstaatsprinzip Art. 20 Abs. 3 GG)
  • den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzte
  • eine sachliche Rechtfertigung für die Höhe des Zinssatzes ergebe sich bei summarischer Prüfung nicht
  • das Ziel, den Nutzungsvorteil des Steuerpflichtigen für den Zeitraum der Nichtzahlung der Steuer abzuschöpfen, sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus nicht erreichbar.

Die Entscheidung ist – vor allem wegen der Bezugnahme auf und dem Anerkennen der wirtschaftlichen Realiät (Niedrigzins) – zu begrüßen. Zumal, worauf der BFH ausdrücklich in seiner Entscheidung Bezug nimmt, der Gesetzgeber den Handlungsbedarf erkannt hat, aber – im Gegensatz zu anderen Zinsen in der AO oder dem Handelsgesetzbuch (HGB) – keine Gesetzesänderung herbeigeführt hat. Betroffene Steuerpflichtige sollten gegen einen Zinsfestsetzungsbescheid unter Bezugnahme auf diesen Beschluss des BFH zum o. g. Aktenzeichen einlegen, damit der Fall offen gehalten wird und keine Bestandskraft eintritt, bis die Frage der Verfassungswidrigkeit der Zinshöhe abschließend geklärt ist.

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