Beilackierungskosten – Ersatz bei fiktiver Schadensabrechnung zulässig

BGH, Urt. v. 17.09.2019 – Az.: VI ZR 396/18

Der BGH (VI. Zivilsenat) hat endlich zu der von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilten Frage Stellung genommen, ob im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis die Beilackierungskosten gemäß § 249 BGB erstattungsfähig sind oder nicht. 

Nach Auffassung des BGH ist das der Fall, wobei es dazu ausreichend sei, dass der durch den Verkehrsunfall geschädigte Anspruchsteller unter Beweisantritt darlegt, dass sein Fahrzeug einen Farbton aufweise, der die Einlackierung der angrenzenden Karosserieteile technisch zwingend erfordere. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte das auch der Sachverständige in seinem Gutachten so beurteilt und ausgeführt.

Das AG Aachen (Urt. v. 18.01.2018 – Az.: 102 C 108/17) hat die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallgegners antragsgemäß verurteilt und der Klage stattgegeben. Das LG Aachen (Urt. v. 06.09.2018 – Az.: 2 S 25/18) hat das Urteil auf die Berufung der Beklagten in diesem Punkt abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der BGH hat auf die Darlegung der Notwendigkeit der Beilackierung durch den Kläger mittels des von ihm in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens und die Ausführungen des Sachverständigen dazu verwiesen. Dieses erhebliche Beweisangebot des Klägers habe das LG Aachen, so der BGH, rechtsfehlerhaft übergangen, da es zur Beweiserhebung gemäß § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO verpflichtet gewesen sei (auch wenn die Durchführung der beantragten Beweisaufnahme durch die Vorschrift grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen des Richters gestellt wird).

Anmerkung:

Die Entscheidung ist zu begrüßen, da der BGH damit zumindest die Möglichkeit schafft, den „Dauerbrenner“ Beilackierungskosten im Rahmen der fiktiven Schadensberechnung in der Instanzrechtsprechnung zu einem einheitlichen Urteilungsmaßstab in der Instanzenrechtsprechung zu bringen. Ob das gelingt und den gewünschten Vereinheitlichungseffekt zeitigen wird, bleibt abzuwarten, da es letztlich im pflichtgemäßen Entscheidungsermessen des Tatrichters gemäß § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO  liegt, ob der Tatsachenvortrag des Klägers so ausreichend ist, dass eine Beweisaufnahme durchzuführen ist. Jedenfalls dürfte die Versicherungswirtschaft auch weiterhin versuchen, die Ersatzfähigkeit der Beilackierungskosten bei der fiktiven Schadensberechnung auf Gutachtenbasis in Abrede zu stellen, bis ein Urteil im konkreten Fall die verklagte Haftpflichtversicherung dazu zwingt.

Siehe auch meinen Hinweis vom 05.03.2020 zum Urteil vom OLG Frankfurt a.M. zur fiktiven Schadensberechnung im Deliktsrecht/Verkehrsunfallrecht https://www.konnegen-rechtsanwalt.de/?p=984