Widerruf Darlehensvertrag bei Autokauf – LG Berlin zur Erläuterung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und Belehrung zum gesetzliches Kündigungsrecht

LG Berlin, Urteil v. 05.12.2017– Az.: 4 O 150/16  – Quelle: Pressemitteilung Nr.: PM 74/2017 der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Präsidentin des Kammergerichts – v. 05.12.2017  (Nachtrag PM v. 05.02.2018 – Urteil ist nicht rechtskräftig – Berufung von beiden Parteien eingelegt – Kammergericht Az.: 13 U 44/17)

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 05.12.2017 entschieden, dass ein Autokäufer den Darlehensvertrag, den er zum Zwecke der Finanzierung seines Autokaufs bei der Hausbank des Fahrzeugherstellers abgeschlossen hatte, noch eineinhalb Jahre später widerrufen kann. Trotz wirksamer Widerrufsbelehrung habe die zweiwöchige Frist für einen Widerruf nicht zu laufen begonnen. Das deshalb nicht, weil in dem Vertrag nicht hinreichend erläutert werde, wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet werde. Zudem werde der Verbraucher nicht in der gebotenen Weise über ein gesetzliches Kündigungsrecht aufgeklärt. Der Fahrzeugkäufer erhalte die geleisteten Zahlungen zurück gegen Rückgabe des Fahrzeugs, müsse jedoch für die Zeit, in der er das Fahrzeug genutzt habe, auch eine Entschädigung dafür leisten.

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte im Sommer 2014 einen VW Touran zum Preis von 22.800 €. Einen Teilbetrag in Höhe von 8.000 € zahlte er direkt an das Autohaus. Den restlichen Kaufpreis von 14.800 € finanzierte er über einen Darlehensvertrag, den er mit einer Bank des Herstellers und auf Vermittlung des Autohauses abschloss. Den Unterlagen für den Darlehensvertrag waren die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite und eine Widerrufsbelehrung beigefügt.

Mit Schreiben vom 30. März 2016 widerrief der Kläger seine Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages und forderte die Bank unter Fristsetzung auf, den Vertrag rückabzuwickeln. Da die Bank dies ablehnte, erhob er Klage. Er macht u.a. die Rückzahlung von ca. 17.300 € geltend, nämlich der geleisteten Anzahlung von 8.000 € sowie von gezahlten Raten in Höhe von insgesamt ca. 9.300 €. Der Kläger ist der Auffassung, er müsse keine Entschädigung dafür zahlen, dass er das Fahrzeug inzwischen drei Jahre genutzt habe.

Entscheidung

In der ersten Instanz wurden dem Kläger rund 12.400,00 € zugesprochen, die Klage im Übrigen abgewiesen. Die zweiwöchige Widerrufsfrist habe  nicht zu laufen begonnen, weil die Bank dem Kläger als Verbraucher nicht die erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt worden seien.

Das Landgericht ist der Auffassung, dass der Kläger nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden sei, den Vertrag durch Kündigung zu beenden. Es fehle der Hinweis darauf, dass der Verbraucher den Vertrag als sog. Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündigen könne. Das Landgericht hat sich bei seiner Auslegung auf europäisches Recht bezogen (Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG) und dabei in seiner Entscheidung in diesem Punkt in Gegensatz zur Rechtsauffassung anderer Landgerichte gesetzt.

Des Weitern hat das Landgericht  sein Urteil darauf gestützt, dass auch die Angaben zur Berechnung der sog. Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bank im Falle einer vorzeitigen Kündigung als Ausgleich für Zinsverluste erhalte, berechnet werde. Dazu sei zumindest die Berechnungsmethode in die Belehrung aufzunehmen, woran es bei den Pflichtangaben in der Belehrung der Beklagten fehle.

Im Ergebnis hat das Landgericht dem Kläger seine Anzahlung und die Raten (insgesamt ca. 17.300,00 €) zugesprochen. Abgezogen hat das Gericht Darlehenszinsen (ca. 1.000,00 €). Zudem hat es, für die vom Kläger mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer, eine Wertentschädigung im Wege der Schätzung, anhand der gefahren Kilometer (Gesamtleistung d. Modells v. 250.000,00 Km) von rund 3.900,00 € in Abzug gebracht.