BGH, Beschluss v. 07.11.2017– Az.: II ZR 127/16 – Quelle: NJW Spezial Heft Nr. 1/2018 v. 11.01.2018
Leitsatz: Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben.
Sachverhalt: Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, ein in der Form einer Publikums-KG betriebener Schiffsfonds, enthielt u.a. folgende Klausel: „Solange Verlustsonderkonten bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar …“. Zum Kontensystem heißt es im Gesellschaftsvertrag: “ Für die Gesellschafter werden neben einem festen Kapitalkonto ein weiteres Kapitalkonto sowie ein Ergebnissonderkonto geführt. … Auf dem Ergebnissonderkonto werden die Verluste gebucht. …Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschussverpflichtung der Kommanditisten.“ Die Klägerin nahm gewinnunabhängige Ausschüttungen aus der vorhandenen Liquidität an ihre Kommanditisten vor. Nun ist sie der Ansicht, dabei habe es sich um Darlehen an die Gesellschafter gehandelt und fordert den auf den Beklagten, einem nach der Gründung der KG beigetretenen Kommanditisten entfallenden Teil, zurück.
Verfahrensgang: Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision hat der BGH zurückgewiesen, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung nicht zustehe.
Der Bundesgerichtshof hat sich bei seiner Entscheidung wesentlich darauf gestützt, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften einer Auslegung und Inhaltskontrolle unterliegen, die der von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichkommt. Das hat vorliegend zur Folge, dass unter Heranziehung von § 305 c Abs. 2 BGB Zweifel und Unklarheiten bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen. Der BGH ist der Auffassung, dass sich dem Gesellschaftsvertrag aus der Sicht eines verständigen Anlegers, bei der gebotenen objektiven Auslegung, nicht entnehmen lasse, dass die gewinnunabhängigen Ausschüttungen den Kommanditisten darlehensweise zur Verfügung gestellt werden sollten. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag sollten nicht alle Liquiditätsausschüttungen Darlehen sein. Eine Liquiditätsausschüttung sollte nur dann Darlehen sein, „solange Verlustsonderkonten bestehen“. Im Gegensatz dazu enthält das Kontensystem im Gesellschaftsvertrag der KG eben keine als „Verlustsonderkonten“ bezeichneten Gesellschafterkonten. Auch sei nicht zu erkennen, dass mit dem Verlustsonderkonto ein Ergebnissonderkonto gemeint sein soll.
Anmerkung;
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die unsaubere Formulierung – insbesondere der Klauselteil, „…Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschussverpflichtung des Kommanditisten“., muss beim verständigen Anleger die Annahme hervorrufen, keine Rückzahlungen von nicht durch gewinne gedeckten Liquiditätsausschüttungen leisten zu müssen, auch nicht wenn er ausscheidet, zumal im Kontensystem gar kein Verlustsonderkonto enthalten ist. Aus Gesetz ergibt sich ebenfalls keine Nachschussverpflichtung, da der die Haftung des Komnmanditisten wieder aufleben lassende § 172 Abs. 4 HGB nur im Außenverhältnis zu Gläubigern der Gesellschaft Wirkung entfaltet, nicht jedoch im Verhältnis von Gesellschaft und Gesellschafter.