Immobilienmaklerin geht leer aus. Weil der „Aufwendungsersatz“ der AGB zufolge auch Bürokosten umfassen sollte, bekommt sie nun gar keine Vergütung für ihre Tätigkeit. Grund: Die ganze Klausel ist, so das OLG Frankfurt a.M., nichtig (Urteil v. 23.10.2024 – Az.: 19 U 134/23) – angewandte Normen § 280 BGB, § 284 BGB, § 307 BGB, § 652 Abs 2 BGB.
Sachverhalt:
Der Kläger und dessen Ehefrau beauftragten die Maklerin, mittels Alleinauftrag, mit der Veräußerung ihres Einfamilienhauses, der abgeschlossene Maklervertrag war eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Maklerin. Das Haus sollte für 695.000 EUR angeboten werden.
Ziff. 6 des Maklervertrags lautet wie folgt:
„6. Aufwendungsersatz: Die Vergütung des Auftragnehmers für seine Nachweis- und Vermittlungstätigkeit ist erfolgsabhängig und begründet somit regelmäßig keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Nur für den Fall, dass der Auftraggeber die weitere Vertragsdurchführung durch eine generelle Aufgabe der Verkaufsabsicht unmöglich macht oder in schuldhafter Weise die Verkaufsvermittlung unzumutbar erschwert, hat er im Einklang mit den gesetzlichen
Bestimmungen dem Auftragnehmer dessen konkrete Aufwendungen für diesen Auftrag zu ersetzen. Zu diesen konkreten Aufwendungen des Auftragnehmers gehören insbesondere, jedoch nicht abschließend, die nachgewiesenen Kosten für eigenes Personal, anteilige Bürokosten und Leistungen Dritter einschließlich der Fremdkosten, die dem Auftragnehmer im Zusammenhang mit dem Auftragsabschluss und der Auftragsdurchführung entstehen.“
In einer Zusatzvereinbarung verpflichtete sich die Maklerin, ohne zusätzliche Kosten, zu erweiterten Vermittlungsdienstleistungen, z.B. Bestandserfassung durch baufachlich qualifizierte Mitarbeiter (z.B. Innen-/Architekten), Objektdokumentation und ausführliches Exposé, Wohnflächenberechnung nach Wohnflächenverordnung, Freiflächenplan, professionelles Immobilienvideo, Immobilienfotos – Beschaffung/Erstellung verkaufsrelevanter Objektunterlagen, Objektbewerbungen auf den führenden Immobilienportale und Qualifizierung von Interessenten vor der Besichtigungsdurchführung.
Im Gegenzug vereinbarten die Parteien: „Interessenten, die sich während der Auftragslaufzeit direkt an Eheleute B wenden und nicht von A nachgewiesen wurden, an A zu verweisen, Kaufverhandlungen sind über A zu führen.“
Es kam während der Zeit nicht zu einem Vertragsabschluss über die Immobilie. Der Eigentümer teilte der Maklerin nach vier Monaten mit, dass er von seiner Verkaufsabsicht bis auf Weiteres Abstand nehme. Die Maklerin stellte dem Eigentümer über einen Gesamtbetrag von 11.454,51 EUR (Fremdkosten laut Aufstellung: 282,51 EUR; Arbeitszeit laut Aufstellung (168 Arbeitsstunden à 66,50 EUR pro Stunde): 11.172 EUR) in Rechnung. Die vorgelegte Kalkulation ergab, dass die von ihr in Rechnung gestellten Personalkosten, anteilig Kosten für Büro und Büroausstattung in Höhe von 24 € pro Mitarbeiterstunde enthalten.
Der Auftraggeber und Kläger beglich die Rechnung nur teilweise und verlangte später auch die gezahlten 6.280 Euro zurück.
Prozessverlauf / Verfahrensgang: Die Klage des Eigentümers war erfolgreich, die Widerklage der Maklerin dagegen nicht. Nachdem das LG die Maklerin zur Rückzahlung an den Kläger verurteilt hatte, bestätigte das OLG das Urteil 1. Instanz und wies die Berufung der Maklerin zurück. Hintergrund ist die von Maklerin in ihren AGB verwendete Klausel zum Ersatz von Aufwendungen. Danach war der Auftraggeber bei Aufgabe seiner Verkaufsabsicht zum Aufwendungsersatz verpflichtet. Zu den konkreten erstattungspflichtigen Aufwendungen sollten u.a. die erwähnten anteiligen Bürokosten zählen.
Regelung zum Aufwendungsersatz nach Auffassung des Gerichts komplett unwirksam!
Diese Klausel sei vollständig unwirksam, entschieden Landgericht und OLG. Sie benachteilige den Vertragspartner unangemessen. Zwar könne eine Pflicht der Kunden zum Aufwendungsersatz grundsätzlich in AGB vereinbart werden. Sie müsse sich dann aber „wirklich und ausschließlich auf den Ersatz von konkretem Aufwand beziehen“, so das OLG. Eine darüberhinausgehende Pflicht zum Aufwendungsersatz lasse sich in AGB nicht wirksam vereinbaren. Das deshalb, weil beim Maklervertrag die Provision vom Erfolg der Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit abhängt. Werde dagegen „im Gewand des Aufwendungsersatzes in Wahrheit eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart“, widerspreche das dem Leitbild des § 652 BGB, der die Vergütung des Auftragnehmers für seine Nachweis- und Vermittlungstätigkeit erfolgsabhängig regelt und daher regelmäßig keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz begründet (Urteil OLG F.a.M. RZ 76).
Hier habe der in den AGB des Maklervertrags geregelte Aufwendungsersatz u. a. anteilige Bürokosten umfassen sollen. Die Maklerin hätte damit einen Anspruch gehabt, der über den Ersatz des für die Bearbeitung des einzelnen Auftrags konkret entstandenen Aufwands hinausgehe. Bürokosten seien laufende Gemeinkosten, die im Geschäftsbetrieb eines Maklers grundsätzlich fest eingeplant seien. Es handele sich nicht um Aufwendungen für einen konkreten Auftraggeber oder Auftrag. Die Regelung sei damit unwirksam – was zudem zur Gesamtunwirksamkeit der Vereinbarung über den Aufwendungsersatz führe. Denn andernfalls könne die Maklerin risikolos rechtlich nicht geschuldete Positionen abrechnen und dabei darauf hoffen, dass zumindest ein Teil der Kunden hierauf eine Zahlung leistet.
Dazu hat das OLG in den Entscheidungsgründen überzeugend ausgeführt:
Urteil RZ 81: „Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, wonach ein Verstoß gegen §§ 307 – 309 BGB im Grundsatz die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat. Eine teilweise Aufrechterhaltung einer unwirksamen Klausel würde dem Ziel der gesetzlichen Regelung zuwiderlaufen, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten oder empfohlenen AGB hinzuwirken und den Kunden die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihnen aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten zu verschaffen. Ohne das Reduktionsverbot würde man dem Klauselverwender die Möglichkeit eröffnen, bei der Aufstellung seiner Konditionen unbedenklich über die Grenze des Zulässigen hinauszugehen, ohne mehr befürchten zu müssen, als dass die Benachteiligung seines Geschäftspartners durch das Gericht auf ein gerade noch zulässiges Maß zurückgeführt wird.“
Weiter hat das Gericht grundsätzlich ausgeführt – Urteil RZ 86: „Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. …“
Hinweis:
Weniger ist oft mehr. Die Entscheidung zeigt, dass bei der Formulierung von Vertragsklauseln, insbesondere solcher, die Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, größtmögliche Sorgfalt zu beachten ist. So hat das OGL Frankfurt a.M. in seiner Entscheidung auf Parteivortrag der beklagten Maklerin Bezug genommen (Urteil RZ 79). Die Beklagte hatte auf zwei Entscheidungen des 19 Senats des OLG vom 11.01.2019 (Az.: 19 U 106/18) und vom 25.10.2019 (Az.: 19 U 17/19) verwiesen. Diesen Entscheidungen lagen aber abweichende Klauseln zum Aufwendungsersatz zugrunde, in denen insbesondere die Nennung der allgemeinen Bürokosten fehlte. Das OLG hatte in den Entscheidungen gerade offengelassen, ob Allgemeinkosten überhaupt als in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraglich vereinbarter Aufwendungsersatz vom Maklerkunden verlangt werden können (Urteil OLG Frankfurt a.M. v. 23.10.2024 – 19 U 134/23 – RZ 79). Das ist bei der Vertragsgestaltung von Maklerverträgen zu berücksichtigen.