BGH, VIII Senat – Pressemitteilung 112/2024 vom 15.05.2024 zum Urteil vom 15.05.2024 Az.: VIII ZR 226/22
Sachverhalt:
Der Kläger, ein Anleger mit Wohnsitz in Deutschland, schloss 2010 und 2013, zwei Verträge mit der Beklagten, einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz – der Life Forestry Switzerland AG – über 37.200,- € und 44.000,- €, „Kauf- und Dienstleistungsverträge“ über 800 bzw. 600 Teakbäume, die von der Beklagten als „Teakinvestment – Das natürliche Kraftpaket für ihr Portfolio“ angeboten und beworben wurden, um nach Jahren mit dem Verkauf dieser Bäume Rendite zu erzielen. Zusätzlich bot die Beklagte den Anlegern an, die erworbenen Teakbäume während der Vertragslaufzeit, hier 17 bzw. 14 Jahre, zu bewirtschaften, zu verwalten, zu schlagen, aus zu forsten, zu ernten und zu verkaufen.
Die beiden Verträge kamen über die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln zustande und enthielten keine Widerrufsbelehrung.
In den AGB der Beklagten ist bestimmt, das Vertragswerk unterstehe Schweizer Recht und Streitigkeiten unterstünden einzig der ordentlichen Gerichtsbarkeit am Sitz der Beklagten in der Schweiz; des Weiteren wird die Anwendung des Wiener Kaufrechts (CISG) ausdrücklich ausgeschlossen. Über etwaige Widerrufsrechte wurde der Kläger nicht belehrt. Den Widerruf seiner beiden auf die zwei Vertragsabschlüsse gerichteten Willenserklärungen erklärte der Kläger jedenfalls spätestens mit der Klageschrift im Jahr 2020. Das Begehren des Klägers richtete sich insbesondere auf die Rückzahlung der Entgelte abzüglich der bereits erhaltenen Holzerlöse (1.604,86 € beziehungsweise 2.467,07 €), insgesamt auf Zahlung von 35.595,14 € beziehungsweise 41.532,93 €, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte des Klägers aus den beiden Verträgen.
Prozessverlauf:
Die Klage war sowohl in der ersten Instanz (LG Köln – 21 O 345/20 – Urteil vom 30. November 2021) als auch in der Berufung (OLG Köln – 24 U 2/22 – Urteil vom 22. September 2022) erfolgreich. Die Revision der Beklagten, mit dem Ziel der endgültigen Klageabweisung, vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.
Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes:
Deutsche Gerichte zuständig: Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes steht dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Entgelte unter Abzug bereits erhaltener Erlöse, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Rechte aus den Kauf- und Dienstleistungsverträgen zu. Auch ist insbesondere der Weg für den Kläger als Verbraucher zur deutschen Gerichtsbarkeit eröffnet, da die AGB der Beklagten in Bezug und die darin festgelegte ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte in der Schweiz, wegen Verstoßes gegen internationale Übereinkommen (hier: Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007), unwirksam sind, so der BGH.
Deutsches Recht anwendbar: Auch unterliegen, so der Bundesgerichtshof, sämtlich rechtlichen Fragestellungen der Verträge auch materiellrechtlich deutschem Recht, was sich aufgrund des im internationalen Privatrecht geltenden Günstigkeitsprinzip für den Kläger (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO) ergibt.
Verträge wirksam widerrufen: Dem Kläger stand ein Widerrufrecht zu, das er wirksam ausgeübt hat, mangels ordnungsgemäßer Belehrung war die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht abgelaufen. Der Bundesgerichtshof hat die Verträge als Finanzdienstleistungsverträge qualifiziert, dabei auf das gesamt Konzept der Beklagten, das über den bloßen Verkauf von Sachgütern (sog. Direktinvestments) hinausgeht (Argument: bewirtschaften, verwalten, schlagen, ausforsten, ernten und verkaufen der Teakbäume bzw. des Holzes durch die Beklagte).
Das abgefasst Urteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen ist noch nicht veröffentlicht.
Kommentar: Die Entscheidung ist – aus Verbraucher- und Anlegersicht – zu begrüßen und im Ergebnis auch zutreffend. Insbesondere, neben der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der Anwendung deutschen Rechts, die Einstufung des Vertrages als Finanzdienstleistungsvertrag, wegen der von der Beklagten, neben dem Kauf der Teakbäume, angebotenen Dienstleistungen (den Baumbestand zu bewirtschaften, zu verwalten, zu schlagen, aus zu forsten, zu ernten und zu verkaufen), ist aufgrund dieser tatsächlichen Gegebenheiten, als folgerichtig hervorzuheben. Die offerierten Dienstleistungen dienten insgesamt, sowohl einzeln als auch gebündelt, der im Vordergrund stehenden angestrebten Realisierung der Rendite.
Link zur Pressemitteilung des BGH: