VW – Dieselskandal – Eine gemeinsame Klage gegen Hersteller und Händler an einem Gerichtsstand möglich

BGH, Beschluss v. 06.06.2018 – Az.: X ARZ 303/18 – Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Käufer eines Kraftfahrzeuges sowohl vertragliche Ansprüche wegen eines Sachmangels gegen den Verkäufer (Händler), vorliegend wegen einer im Fahrbetrieb abgeschalteten Abgasreinigungseinrichtung, als auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung (Vortäuschung eines mangelfreien Zustandes) gegen den Hersteller, in einer Klage bei ein und demselben Gericht geltend machen kann und beide damit als Streitgenossen gemeinsam verklagen kann. Der Bundesgerichtshof hat als zuständiges Gericht in diesem Rechtsstreit das LG Ellwangen bestimmt.

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Aussetzung der Vollziehung bei Festsetzung von Nachforderungszinsen nach §§ 233a, 238 AO – BMF – Schreiben vom 14.06.2018

BMF – Schreiben vom 14.06.2018  – Gz.: IV A 3 – S 0465/18/10005-01 Quelle: BMF – Meldung 14.06.2018

Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 25.04.2018 (Az.: IX B 21/18 vgl. unter Aktuelle News – Pressemitteilung v. 14.04.05.2018 https://www.konnegen-rechtsanwalt.de/?s=Nachzahlungszinsen ) gilt aufgrund des o. g. BMF-Schreibens folgendes:

Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015: Aussetzung der Vollziehung nur auf Antrag des Zinsschuldners, wenn gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung, mit Zins nach § 238 Abs. 1 S. 1 AO, Einspruch eingelegt  wurde. Steuerart und Besteuerungszeitraum sind dabei unerheblich.

Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2015: Aussetzung der Vollziehung nur bei Vorliegen einer unbilligen Härte für den Betroffenen, die nicht durch überwiegendes öffentliches Interesse geboten ist und ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragsteller an der AdV zu bejahen ist.

Zum BMF-Schreiben:

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/2018-06-14-Aussetzung-der-Vollziehung-Par-233a-AO-238-Abs-1-Satz-1-AO.htm

Hinweis: Steuerpflichtige sollten unter Hinweis auf den Beschluss des BFH unter Angabe des Aktenzeichens IX B 21/18 und unter Hinweis auf das vorgenannte BMF-Schreiben Einspruch gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung einlegen und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragen. Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2015 müssen die Voraussetzung für eine AdV erfüllt sein, damit ein solcher Antrag erfolgreich ist.

 

 

Terminhinweis – BGH entscheidet über Ersatz von Mehrkosten für in Eigenregie gebuchten und durchgeführten Ersatzflug Verhandlungstermin 03.07.2018

Quelle: BGH – Pressemitteilung – Nr.: 100/2018 vom 05.06.2018 – BGH – Az. X ZR 96/17

Der Bundesgerichtshof wird am 03.07.2018 darüber entscheiden, ob bei verspätetem Rückflug von einer Pauschalreise, die Mehrkosten eines ohne  vorheriges Abhilfeverlangen und ohne Fristsetzung in Eigenregie gebuchten und durchgeführten Ersatzfluges vom Reiseveranstalter als Schadensersatz verlangt werden können.

Zur Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=84187&pos=1&anz=101

 

 

Unwirksamkeit einer Preisklausel über Zinscap-Prämie / Zinssicherungsgebühr

BGH, Urt. v. 08.05.2018 – Az.: XI ZR 790/16 –Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 099/2018 vom 05.06.2018

Der Bundesgerichtshof hat folgende, von einer Bank im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern verwendete vorformulierte Klausel in Darlehensverträgen mit einem variablen Zinssatz, als unwirksam eingestuft, weil diese nicht mit den Darlehensnehmern einzeln ausgehandelt werden und darüber hinaus durch die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 488 Absatz 1 Satz 2 BGB (Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Zahlung eines geschuldeten Zinses und zur Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehens bei Fälligkeit) eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers darstelle:

„Zinscap-Prämie: …% Zinssatz p.a. …% variabel*

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

und

„Zinssicherungsgebühr: …% Zinssatz p.a. …% variabel*

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

Zur Pressmitteilung:

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Reiseveranstalter vereitelt Kreuzfahrt – Angemessenheit der Entschädigung bei Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt

BGH, Urt. v. 29.05.2018 – Az.: X ZR 94/17 –Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 095/2018 vom 29.05.2018

Sachverhalt:

Der Ehemann der Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30. November 2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 €. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13. November 2015.  Die Eheleute unternahmen während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten in Höhe von 887,95 € entstanden. 

Die Klägerin nimmt die beklagte Reiseveranstalterin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Vereitelung der gebuchten Kreuzfahrt in Höhe des Reisepreises und auf Ersatz der Mehrkosten für eine Ersatzreise in Anspruch.  

Die Entscheidungen:

Das Landgericht hat der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit iHv. 3.685,20 € zugesprochen, die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klägerin weitere 897,95 € Ersatz für die Mehrkosten (Reise mit Mietwagen) zugesprochen, die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hin hat der BGH das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Seine Entscheidung hat der BGH dabei wesentlich darauf gestützt, dass bei der Vereitlung der Reise neben der Erstattung des Reisepreises auch eine angemessene Entschädigung in Geld für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit beansprucht werden kann, die das Landgericht mit 73 % des Reisepreises in nicht zu beanstandender Höhe tatrichterlich bestimmt habe. Das Berufungsgericht habe danach neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt hat, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert hat, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Aber das Landgericht habe auch berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund der Vereitelung der Reise nun frei über die so gewonnene Zeit verfügen haben können. 

 

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Nachzahlungszinsen §§ 233a, 238 Abgabenordnung – BFH zweifelt an Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen

BFH, Beschluss v. 25.04.2018 – Az.: IX B 21/18 – Quelle: BFH – Pressemitteilung Nr. 23/18  v. 14.05.2018

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nach einer summarischen Prüfung in einem Verfahren zu Nachzahlungszinsen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt, weil er schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes zumindest für Verzinsungszeiträume  ab dem Jahr 2015 hat. Die Entscheidung ist in einem Verfahren gegen die Festsetzung von Nachzahlungszinsen für die Jahre 2015, 2016 ergangen – diese betragen nach § 238 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung (AO) einhalb Prozent für jeden angefangenen Monat, jährlich damit 6 %. Der Bundesfinanzhof hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Höhe des Zinssatzes

  • gemessen an der wirtschaftlichen Realität realitätsfern bemessen sei (Verstoß gegen das Übermaßverbot (Rechtsstaatsprinzip Art. 20 Abs. 3 GG)
  • den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzte
  • eine sachliche Rechtfertigung für die Höhe des Zinssatzes ergebe sich bei summarischer Prüfung nicht
  • das Ziel, den Nutzungsvorteil des Steuerpflichtigen für den Zeitraum der Nichtzahlung der Steuer abzuschöpfen, sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus nicht erreichbar.

Die Entscheidung ist – vor allem wegen der Bezugnahme auf und dem Anerkennen der wirtschaftlichen Realiät (Niedrigzins) – zu begrüßen. Zumal, worauf der BFH ausdrücklich in seiner Entscheidung Bezug nimmt, der Gesetzgeber den Handlungsbedarf erkannt hat, aber – im Gegensatz zu anderen Zinsen in der AO oder dem Handelsgesetzbuch (HGB) – keine Gesetzesänderung herbeigeführt hat. Betroffene Steuerpflichtige sollten gegen einen Zinsfestsetzungsbescheid unter Bezugnahme auf diesen Beschluss des BFH zum o. g. Aktenzeichen einlegen, damit der Fall offen gehalten wird und keine Bestandskraft eintritt, bis die Frage der Verfassungswidrigkeit der Zinshöhe abschließend geklärt ist.

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Publikums-Kommanditgesellschaft – Einforderung rückständiger Einlagen trotz Widerruf des Beitritts

BGH, Urt. v. 30.01.2018 – Az.: II ZR 95/16 – Quelle: NJW – Nr.: 17/2018 vom 19.04.2018

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei einer Publikums-Kommanditgesellschaft der Abwickler, auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Ermächtigung, zur Einforderung rückständiger Einlagen zum Zwecke des Ausgleichs unter den Gesellschaftern befugt ist. Das auch dann, wenn der betreffende Kommanditist seinen Beitritt zur Gesellschaft widerrufen hat. Der Widerruf des Beitritts zu einer Publikums Kommanditgesellschaft in einer sogenannten Haustürsituation lässt die Verpflichtung des Widerrufenden zur Leistung seiner bis dahin noch nicht vollständig erbrachten, rückständigen Einlage nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft weder rückwirkend noch ex nunc entfallen.

Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil des OLG Stuttgart aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Das deshalb, weil der Liquidator der Publikums-KG im Rahmen der Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft, soweit der dazu in der Lage ist, im einzelnen darzulegen hat, wozu die eingeforderten Beträge im Rahmen der Abwicklung benötigt werden. Daran hat es bisher gefehlt, so dass der Bundesgerichtshof in der Sache nicht selbst entscheiden konnte.

 

Sparkasse – Klausel mit Aufrechnungsverbot für Bankkunden (Verbraucher) unwirksam

BGH, Urt. v. 20.03.2018 – Az.: XI ZR 309/16 – Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 058/2018 vom 20.03.2018

Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 20.03.2018 folgende von einer Sparkasse verwandte Klausel als unwirksam eingestuft, da durch die Verwendung der Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bankkunde – sofern dieser ein Verbraucher ist – unangemessen benachteiligt wird:

„Nummer 11 Aufrechnung und Verrechnung

(1) Aufrechnung durch den Kunden

Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“

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Unzulässige Speicherung personenbezogener Daten – Arztsuche- u. Bewertungsportal „jameda.de“

BGH, Urt. v. 20.02.2018 – Az.: VI ZR 30/17 – Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 034/2018 vom 20.02.2018

Der Bundesgerichtshof hat dem Begehren der Klägerin – einer niedergelassenen Ärztin – entsprochen, damit das Arztsuche- und Bewertungsportal zur vollständigen Löschung ihres Eintrags in www.jameda.de, der Löschung ihrer auf der Internetseite www.jameda.de veröffentlichten Daten und auf Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils auf der genannten Internetseite, verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung wesentlich damit begründet, dass die Beklagte bei den nichtzahlenden Ärzten dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die „Basisdaten“ nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeigt und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens „Anzeige“ Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, hingegen auf dem Profil ihres „Premium“- Kunden – ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen – solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht anzeigt und damit ihre Rolle als „neutraler Informationsvermittler“ verlässt.

Die Entscheidung / Sachverhalt und Verfahrensgang:

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Widerruf Darlehensvertrag bei Autokauf – LG Berlin zur Erläuterung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und Belehrung zum gesetzliches Kündigungsrecht

LG Berlin, Urteil v. 05.12.2017– Az.: 4 O 150/16  – Quelle: Pressemitteilung Nr.: PM 74/2017 der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Präsidentin des Kammergerichts – v. 05.12.2017  (Nachtrag PM v. 05.02.2018 – Urteil ist nicht rechtskräftig – Berufung von beiden Parteien eingelegt – Kammergericht Az.: 13 U 44/17)

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 05.12.2017 entschieden, dass ein Autokäufer den Darlehensvertrag, den er zum Zwecke der Finanzierung seines Autokaufs bei der Hausbank des Fahrzeugherstellers abgeschlossen hatte, noch eineinhalb Jahre später widerrufen kann. Trotz wirksamer Widerrufsbelehrung habe die zweiwöchige Frist für einen Widerruf nicht zu laufen begonnen. Das deshalb nicht, weil in dem Vertrag nicht hinreichend erläutert werde, wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet werde. Zudem werde der Verbraucher nicht in der gebotenen Weise über ein gesetzliches Kündigungsrecht aufgeklärt. Der Fahrzeugkäufer erhalte die geleisteten Zahlungen zurück gegen Rückgabe des Fahrzeugs, müsse jedoch für die Zeit, in der er das Fahrzeug genutzt habe, auch eine Entschädigung dafür leisten.

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