Abtretung mietrechtlicher Ansprüche an Legal-Tech-Anbieter – Unwirksamkeit oder Wirksamkeit – noch unklar und umstritten – divergierende Rechtsprechung beim LG Berlin

Die Klägerin, ein registriertes Inkassounternehmen, die im Internet einen „Mietpreisrechner“ betreibt, lässt sich von den Mietern die Ansprüche auf Auskunft zur Vormiete (Mietpreisbremse) und etwaige Rückzahlungsansprüche wegen überzahlter Miete sowie Kosten der Rechtsverfolgung abtreten. Die Datenermittlung erfolgt über die Dateneingabe durch den Mieter (Auftraggeber) in den Mietpreisrechner der Klägerin. Mit den Mietern vereinbarte die Klägerin in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine erfolgsabhängige Vergütung. Die Wirksamkeit der Abtretung wird bei den Amtsgerichten in Berlin und den Kammern bei dem Landgericht Berlin unterschiedlich beurteilt:

  1. LG Berlin, Beschluss v. 26.07.2018 – Az.: 67 S 157/18 – Quelle: Pressemitteilung-Nr.: 32/18 Präsident des Kammergerichts v. 14.08.2018 – Klageabweisung / Zurückweisung Berufung (Abtretung unwirksam).
  2. LG Berlin, Urteil v. 13.08.2018 – Az.: 66 S 18/18 – Quelle: Pressemitteilung-Nr.: 32/18 Präsident des Kammergerichts v. 14.08.2018 – Urteil zugunsten der Klägerin (Abtretung wirksam).
  3. LG Berlin, Urteil v. 28.08.2018 – Az.: 63 S 01/18 – Quelle: Pressemitteilung-Nr.: 31/18 Präsident des Kammergerichts v. 31.08.2018 – Urteil Klageabweisung (Abtretung unwirksam).
  4. LG Berlin, Urteil v. 20.06.2018 – Az.: 65 S 70/18 – Quelle: NJW 39/2018 v. 20.09.2018  – Urteil zugunsten der Klägerin (Abtretung wirksam).

Zu 1: Klageabweisung in I. Instanz und Berufungszurückweisung durch Beschluss in der II. Instanz  LG Berlin Az.: 67 S 157/18

Die 66 Kammer des LG hat die zugunsten der  Klägerin erfolgte Abtretung mietrechtlicher Ansprüche gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) als unwirksam eingestuft.  Die Entscheidung hat das LG wesentlich damit begründet, dass die Klägerin  durch den kostenlosen „Mietpreisrechner“ und auch nach einer späteren Beauftragung durch einen Nutzer (Mieter) Rechtsdienstleistungen iSd § 2 I RDG erbringt, die in ihrer Summe nicht von der  Registrierung als Inkassodienstleisterin gem. § 10 RDG gedeckt sind. Das deshalb,

„Abtretung mietrechtlicher Ansprüche an Legal-Tech-Anbieter – Unwirksamkeit oder Wirksamkeit – noch unklar und umstritten – divergierende Rechtsprechung beim LG Berlin“ weiterlesen

Stiller Gesellschafter an GmbH – Zahlungen an stillen Gesellschafter als entgeltliche Leistungen – Keine Insolvenzanfechtung

BGH, Urt. v. 05.07.2018 – Az.: IX ZR 139/18 – Quelle: NJW Nr. 38/2018 v. 13.09.2018

Zahlungen des Inhabers eines Handelsgewerbes an einen stillen Gesellschafter, denen ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt, sind entgeltliche Leistungen, wenn sie die Gegenleistung für die erbrachte Einlage darstellen. Mit der Folge, dass dem bestellten Insolvenzverwalter kein Anfechtungsanspruch gemäß § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO zusteht. Die Beklagte erwarb in den Jahren 2008 bis 2013 insgesamt 28 Medienbriefe als stille Beteiligung am Handelsgewerbe der späteren Insolvenzschuldnerin. Die in allen Medienbriefen gleichlautenden Bestimmungen hatten unter anderem folgenden Inhalt:

„Stiller Gesellschafter an GmbH – Zahlungen an stillen Gesellschafter als entgeltliche Leistungen – Keine Insolvenzanfechtung“ weiterlesen

VW – Dieselskandal – Eine gemeinsame Klage gegen Hersteller und Händler an einem Gerichtsstand möglich

BGH, Beschluss v. 06.06.2018 – Az.: X ARZ 303/18 – Quelle: www.bundesgerichtshof.de

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Käufer eines Kraftfahrzeuges sowohl vertragliche Ansprüche wegen eines Sachmangels gegen den Verkäufer (Händler), vorliegend wegen einer im Fahrbetrieb abgeschalteten Abgasreinigungseinrichtung, als auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung (Vortäuschung eines mangelfreien Zustandes) gegen den Hersteller, in einer Klage bei ein und demselben Gericht geltend machen kann und beide damit als Streitgenossen gemeinsam verklagen kann. Der Bundesgerichtshof hat als zuständiges Gericht in diesem Rechtsstreit das LG Ellwangen bestimmt.

„VW – Dieselskandal – Eine gemeinsame Klage gegen Hersteller und Händler an einem Gerichtsstand möglich“ weiterlesen

Terminhinweis – BGH entscheidet über Ersatz von Mehrkosten für in Eigenregie gebuchten und durchgeführten Ersatzflug Verhandlungstermin 03.07.2018

Quelle: BGH – Pressemitteilung – Nr.: 100/2018 vom 05.06.2018 – BGH – Az. X ZR 96/17

Der Bundesgerichtshof wird am 03.07.2018 darüber entscheiden, ob bei verspätetem Rückflug von einer Pauschalreise, die Mehrkosten eines ohne  vorheriges Abhilfeverlangen und ohne Fristsetzung in Eigenregie gebuchten und durchgeführten Ersatzfluges vom Reiseveranstalter als Schadensersatz verlangt werden können.

Zur Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=84187&pos=1&anz=101

 

 

Unwirksamkeit einer Preisklausel über Zinscap-Prämie / Zinssicherungsgebühr

BGH, Urt. v. 08.05.2018 – Az.: XI ZR 790/16 –Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 099/2018 vom 05.06.2018

Der Bundesgerichtshof hat folgende, von einer Bank im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern verwendete vorformulierte Klausel in Darlehensverträgen mit einem variablen Zinssatz, als unwirksam eingestuft, weil diese nicht mit den Darlehensnehmern einzeln ausgehandelt werden und darüber hinaus durch die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 488 Absatz 1 Satz 2 BGB (Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Zahlung eines geschuldeten Zinses und zur Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehens bei Fälligkeit) eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers darstelle:

„Zinscap-Prämie: …% Zinssatz p.a. …% variabel*

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

und

„Zinssicherungsgebühr: …% Zinssatz p.a. …% variabel*

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

Zur Pressmitteilung:

„Unwirksamkeit einer Preisklausel über Zinscap-Prämie / Zinssicherungsgebühr“ weiterlesen

Reiseveranstalter vereitelt Kreuzfahrt – Angemessenheit der Entschädigung bei Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt

BGH, Urt. v. 29.05.2018 – Az.: X ZR 94/17 –Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 095/2018 vom 29.05.2018

Sachverhalt:

Der Ehemann der Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30. November 2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 €. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13. November 2015.  Die Eheleute unternahmen während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten in Höhe von 887,95 € entstanden. 

Die Klägerin nimmt die beklagte Reiseveranstalterin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Vereitelung der gebuchten Kreuzfahrt in Höhe des Reisepreises und auf Ersatz der Mehrkosten für eine Ersatzreise in Anspruch.  

Die Entscheidungen:

Das Landgericht hat der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit iHv. 3.685,20 € zugesprochen, die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klägerin weitere 897,95 € Ersatz für die Mehrkosten (Reise mit Mietwagen) zugesprochen, die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hin hat der BGH das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Seine Entscheidung hat der BGH dabei wesentlich darauf gestützt, dass bei der Vereitlung der Reise neben der Erstattung des Reisepreises auch eine angemessene Entschädigung in Geld für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit beansprucht werden kann, die das Landgericht mit 73 % des Reisepreises in nicht zu beanstandender Höhe tatrichterlich bestimmt habe. Das Berufungsgericht habe danach neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt hat, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert hat, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Aber das Landgericht habe auch berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund der Vereitelung der Reise nun frei über die so gewonnene Zeit verfügen haben können. 

 

„Reiseveranstalter vereitelt Kreuzfahrt – Angemessenheit der Entschädigung bei Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt“ weiterlesen

Sparkasse – Klausel mit Aufrechnungsverbot für Bankkunden (Verbraucher) unwirksam

BGH, Urt. v. 20.03.2018 – Az.: XI ZR 309/16 – Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 058/2018 vom 20.03.2018

Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 20.03.2018 folgende von einer Sparkasse verwandte Klausel als unwirksam eingestuft, da durch die Verwendung der Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bankkunde – sofern dieser ein Verbraucher ist – unangemessen benachteiligt wird:

„Nummer 11 Aufrechnung und Verrechnung

(1) Aufrechnung durch den Kunden

Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“

„Sparkasse – Klausel mit Aufrechnungsverbot für Bankkunden (Verbraucher) unwirksam“ weiterlesen

Unzulässige Speicherung personenbezogener Daten – Arztsuche- u. Bewertungsportal „jameda.de“

BGH, Urt. v. 20.02.2018 – Az.: VI ZR 30/17 – Quelle: Pressemitteilung – Nr.: 034/2018 vom 20.02.2018

Der Bundesgerichtshof hat dem Begehren der Klägerin – einer niedergelassenen Ärztin – entsprochen, damit das Arztsuche- und Bewertungsportal zur vollständigen Löschung ihres Eintrags in www.jameda.de, der Löschung ihrer auf der Internetseite www.jameda.de veröffentlichten Daten und auf Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils auf der genannten Internetseite, verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung wesentlich damit begründet, dass die Beklagte bei den nichtzahlenden Ärzten dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die „Basisdaten“ nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeigt und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens „Anzeige“ Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, hingegen auf dem Profil ihres „Premium“- Kunden – ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen – solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht anzeigt und damit ihre Rolle als „neutraler Informationsvermittler“ verlässt.

Die Entscheidung / Sachverhalt und Verfahrensgang:

„Unzulässige Speicherung personenbezogener Daten – Arztsuche- u. Bewertungsportal „jameda.de““ weiterlesen

Widerruf Darlehensvertrag bei Autokauf – LG Berlin zur Erläuterung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und Belehrung zum gesetzliches Kündigungsrecht

LG Berlin, Urteil v. 05.12.2017– Az.: 4 O 150/16  – Quelle: Pressemitteilung Nr.: PM 74/2017 der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Präsidentin des Kammergerichts – v. 05.12.2017  (Nachtrag PM v. 05.02.2018 – Urteil ist nicht rechtskräftig – Berufung von beiden Parteien eingelegt – Kammergericht Az.: 13 U 44/17)

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 05.12.2017 entschieden, dass ein Autokäufer den Darlehensvertrag, den er zum Zwecke der Finanzierung seines Autokaufs bei der Hausbank des Fahrzeugherstellers abgeschlossen hatte, noch eineinhalb Jahre später widerrufen kann. Trotz wirksamer Widerrufsbelehrung habe die zweiwöchige Frist für einen Widerruf nicht zu laufen begonnen. Das deshalb nicht, weil in dem Vertrag nicht hinreichend erläutert werde, wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet werde. Zudem werde der Verbraucher nicht in der gebotenen Weise über ein gesetzliches Kündigungsrecht aufgeklärt. Der Fahrzeugkäufer erhalte die geleisteten Zahlungen zurück gegen Rückgabe des Fahrzeugs, müsse jedoch für die Zeit, in der er das Fahrzeug genutzt habe, auch eine Entschädigung dafür leisten.

„Widerruf Darlehensvertrag bei Autokauf – LG Berlin zur Erläuterung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und Belehrung zum gesetzliches Kündigungsrecht“ weiterlesen

Publikums-KG – Schiffsfonds – Klarheit des Gesellschaftsvertrags – Forderungen gegen beigetretenen Kommanditisten

BGH, Beschluss v. 07.11.2017– Az.: II ZR 127/16 – Quelle: NJW Spezial Heft Nr. 1/2018 v. 11.01.2018

Leitsatz: Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben.

Sachverhalt: Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, ein in der Form einer Publikums-KG betriebener Schiffsfonds, enthielt u.a. folgende Klausel: „Solange Verlustsonderkonten bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar …“. Zum Kontensystem heißt es im Gesellschaftsvertrag: “ Für die Gesellschafter werden neben einem festen Kapitalkonto ein weiteres Kapitalkonto sowie ein Ergebnissonderkonto geführt. … Auf dem Ergebnissonderkonto werden die Verluste gebucht. …Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschussverpflichtung der Kommanditisten.“ Die Klägerin nahm gewinnunabhängige Ausschüttungen aus der vorhandenen Liquidität an ihre Kommanditisten vor. Nun ist sie der Ansicht, dabei habe es sich um Darlehen an die Gesellschafter gehandelt und fordert den auf den Beklagten, einem nach der Gründung der KG beigetretenen Kommanditisten entfallenden Teil, zurück.

„Publikums-KG – Schiffsfonds – Klarheit des Gesellschaftsvertrags – Forderungen gegen beigetretenen Kommanditisten“ weiterlesen